Der große Aletschgletscher

Es war Sonntag und es sollte Kaiserwetter werden. Früh aus dem Fenster geschaut und keine Wolke am Himmel. Perfekt, um eine Tour zum Aletschgletscher zu machen, den den wollte ich schon immer mal selbst sehen. Ist immerhin der größte Gletscher der Alpen – noch. Eigentlich wollte ich bei dem Wetter meinen Ausflug zu einem 4.000er Gipfel machen, aber nach Rücksprache mit dem Bergführer haben wir das verschoben, weil wegen des Neuschnees der vergangen Tage die Lawinengefahr zu groß war.

Also haben wir umgeplant und eine schöne Tour rausgesucht. Es sollte zuerst mit der Seilbahn auf die Bergstation Bettmerhorn auf 2.647 m gehen, um von dort das 2.858 m hohe Bettmerhorn zu besteigen. Danach sollte es über den UNESCO-Höhenweg auf dem Bergrücken zur Seilbahnstation Eggishorn (2.869 m) gehen. Und zum Schluss wollten wir noch das Eggishorn (2.926 m) selbst hinaufsteigen, da man dort den besten Blick auf den Aletschgletscher haben sollte.

Wir sind also mit dem Auto nach Fiesch zur Bahnstation gefahren und haben uns für je 130 CHF ein Vier-Tagesticket geholt, um damit mit fast allen Seilbahnen, Bussen und Zügen im Tal fahren zu können. War somit deutlich günstiger, als alles einzeln zu zahlen. Um 10:29 Uhr sollte der Zug fahren und man sagt der Schweizer Bahn Pünktlichkeit voraus. Hmm, Pustekuchen! Erst kam sie knapp 10 Minuten zu spät im Bahnhof an, um dann weitere 10 min. damit zu verbringen ein technisches Problem zu beheben. Der Glanz war also erstmal weg. Na gut, irgendwann ging es dann weiter, um an der Station Betten Talstation gleich in die Seilbahn umzusteigen.

Die Fahrt hinauf war schon beeindruckend, da wir heute wegen des guten Wetters die Berge um uns herum mal in voller Schönheit sehen konnten. Oben angekommen haben wir vom Aussichtspunkt einen Blick auf den Aletschgletscher geworfen. Wow, was für ein Anblick! Neben dem Aussichtspunkt sind einige Touristen trotz Verbotsschilder über die Absperrung geklettert, um „noch“ bessere Fotos machen zu können. Junge Mädels mit wehendem Haar und „Duck-Face„, um für Instagram oder TikTok sich selbst zu inszenieren. Nun gut…

Vor uns stand nun der Aufstieg zum Bettmerhorn, das Gipfelkreuz war schon zu sehen. Der Aufstieg war steil und kräftezerrend. Nach kurzer Kontrolle in meiner Wander-App auf dem Handy mussten wir feststellen, dass es ein T4-Weg war, also ein sehr hochalpiner Weg mit ausgesetzten Stellen. Es ging über „Hühnerleitern“ und Seilsicherungen nach oben, die Stufen waren teilweise nicht vorhanden. Nachdem wir das Gipfelkreuz erreicht hatten, musste überlegt werden wie es weitergeht. Denn der UNESCO-Höhenweg sollte sich als sehr schwieriger Weg erweisen. Ich bin knapp 300 m vorgegangen, um die Lage zu sondieren. Für Gritti war das nichts, der Weg war zu schwierig. Wir haben uns deshalb entschlossen wieder abzusteigen, damit ich Gritti nach unten bringen konnte. Und wir haben uns geeinigt, dass ich wieder aufsteige und den Weg allein mache. Gritti ist ins Tal gefahren und mit der Bahn zur nächsten Seilbahn gefahren, damit wir uns dort auf der Bergstation Eggishorn wieder treffen.

Es war auch gut, dass wir so entschieden haben, denn der Weg war wirklich sehr schwierig. Man musste über viel Geröll gehen, Trittleitern hinabklettern und an Seilsicherungen sich gut festhalten. Trotz der Sicherungen benötigte man alpine Erfahrung, sowie Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Für mich war der Weg eine Herausforderung, aber die brauche ich ja. Ich war während der knapp 2,5 Stunden völlig allein, hatte dafür aber einen grandiosen Blick auf den Aletschgletscher. Da hat sich die Mühe gelohnt. Nachdem ich die Elsenlücke (2.722 m), einem schmalen Grat, gequert hatte, war der Weg fast schon einfach. Allerdings ging es wieder bergauf. Ich musste Tempo machen, da die letzte Seilbahn gegen 16:55 Uhr ins Tal fährt. Nachdem ich mir fast die Lunge aus der Brust gekeucht habe, habe ich knapp 1 Stunde vor der letzten Seilbahn die Station erreicht. Aber ich wollte ja noch das Eggishorn mitnehmen, ich kann doch nicht am Gipfel vorbeigehen. Aber eine Stunde war dann doch zu knapp. Gritti hatte mir zwischenzeitlich eine Nachricht geschickt, dass sie gleich oben ankommen würde und wir gemeinsam den Blick auf den Aletschgletscher genießen könnten. Als sie angekommen war, wurde kurz beraten wie weiter. Wir haben uns für den gemeinsamen Aufstieg zum Gipfel entschieden. Den Weg ins Tal wollten wir dann noch zu Fuß machen, zumindest bis zur Zwischenstation, denn von dort fuhr die Seilbahn bis 21:30 Uhr.

Nach knapp 30 min. waren wir auf dem Gipfel und hatten das komplette 360°-Panorama der Gipfel um uns herum und den Aletschgletscher. Das Matterhorn konnten wir sehen und auch das Allalinhorn, den 4.000er Gipfel, welchen wir beide in 2019 bestiegen hatten. Da die letzte Seilbahn also weg war, konnten wir uns Zeit lassen beim Abstieg. Die Sonne wärmte auch noch gut. Wir waren nicht die letzten am Gipfel, nach uns kam noch eine französische Familie mit kleinem Kind (5). Als wir unten an der Seilbahnstation angekommen waren, haben wir erstmal ein Picknick auf einer Aussichtsterrasse eines Restaurants gemacht. Nun waren wir hier oben allein, alles war zu. Die vielen Chinesen, die vorher hier zu sehen waren, sind wahrscheinlich alle wieder im Tal gewesen. Viele sind mit Masken rumgelaufen, an der frischen Luft…!? Hoffentlich kommt nicht die nächste Pandemie.

Nun hieß es zur Mittelstation abzusteigen. Laut Plan war dafür eine Stunde vorgesehen. Der erste Teil des Weges war etwas schwieriger, dann wurden die Wege breiter. Die französische Familie war etwas überrascht, dass die Seilbahn nicht mehr fuhr und nun alles zu war. Mit kleinem Kind nicht ganz einfach. Wir konnten Ihnen auf englisch den Weg weisen, damit sie wieder ins Tal kommen.

An der Mittelstation der Seilbahn angekommen, in Fiescheralp (2.212 m), mussten wir knapp 20 min. warten, bis die nächste Seilbahn ins Tal fuhr. Denn ab 17 Uhr fuhr sie nur noch alle halbe Stunde. Gegen 19:45 Uhr sind wir wieder im Tal angekommen. Nachdem uns Gritti noch was leckeres gezaubert hat und ich den Abwasch gemacht habe, konnten wir unsere Beine hochlegen und sagen: was für ein schöner Tag.

Wer sind wir?

Wer sind wir?

Wir sind Grit & Micha aus Berlin und bezeichnen uns selbst als junggebliebene Weltenbummler, auch wenn wir beide schon 50+ sind.
Seit der Wiedervereinigung Deutschlands konnten wir das Fernweh, welches doch erst dann entstanden ist ausleben. Nach der ersten gemeinsamen Reise 1991 nach Barcelona hatten wir „Blut geleckt“ und konnten seitdem viele weitere Länder in der Welt bereisen.

mehr zu uns »

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert